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Rechtsstaat Türkei

Man muss sich das mal geben: in einer Onlineausgabe eines der führenden deutschen Magazine fand sich heute eine ausführliche Erläuterung eines im türkischen Recht bewanderten Professors zu der Frage wie vorzugehen sei, wenn man vollkommen überraschender Weise auf dem Flughafen in Istanbul verhaftet wird bzw. jedenfalls nicht in das Land gelassen wird und dann deshalb in Abschiebehaft kommt.

Wir reden also, auch mit Blick auf die bereits hinlänglich bekannten Fälle von Journalisten und NGO-Aktivisten, von einem scheinbar befreundeten Land, welches zudem Mitglied der Europäischen Union werden möchte, darüber, ob und in welcher Weise mit rechtsstaatlichen Mitteln willkürlichen Verhaftungen wohl nicht entgangen, aber jedenfalls mit diesen umgegangen werden kann.

Dann haben wir noch nicht von politisierten Verfahren via Interpol gegen deutsche Staatsbürger und der Frage gesprochen, woher eigentlich bekannt ist, dass sich ein deutscher Staatsbürger zufälligerweise gerade jetzt in einem europäischen Drittland befindet und daher dort via Haftbefehl festgesetzt werden kann (wenn schon nicht ausgeliefert).

Wir reden auch nicht von geheimdienstlichen Aktivitäten hier in Deutschland, wir reden auch noch nicht über die bemerkenswerten Aktivitäten des staatlichen Ministeriums für Religionsangelegenheiten, welche sich hier Ditib nennt und von vielen anderen Aktivitäten, seien sie gegen Deutschland gerichtet oder die Spaltung der hier lebenden türkischen Mitbürger fördernd. Wir reden auch nicht von permanenten faschistoiden Vergleichen deutscher Politiker oder eigentlich nur noch lächerlicher Maßregelungen des aktuellen deutschen Außenministers, wenn dieser die Rechte seiner Bürger reklamiert.

Auf all dies kann es eigentlich nur noch eine Antwort geben, nämlich nicht nur die Beendigung der Aufnahmegespräche hinsichtlich des Beitritts zur Europäischen Union (und das sollte auch die sogenannte Vorfinanzierung mit einschließen), sondern die diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Türkei sollten aus meiner Sicht mindestens auf Eis gelegt werden, ich hielte es allerdings für richtiger diese komplett zu beenden. Dann kann man in Istanbul und Ankara mit sich selber sprechen und es bedarf nicht mehr kindischer Zitierereien der wechselseitigen Botschafter. Irgend eine hilfreiche Substanz kann jedenfalls in den bestehenden diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nicht mehr erkannt werden und dass das so ist, liegt leider ausschließlich an der Türkei, die sich von dem Konflikt mit Deutschland immer schwerer zu verstehende Vorteile verspricht. Davon sollten wir uns schlicht abwenden.

Und noch ein letztes, trotz günstiger Preise und leerer Hotels bzw. Flieger: Jeder der derzeit in die Türkei oder über die Türkei reist, tut dies grob leichtsinnig auf eigenes Risiko, dort als Geisel genommen zu werden. Der Rat ist daher einfach: einfach lassen !



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